Sie fragen sich, welche Vorteile es hat, Studenten an Roboterlösungen arbeiten zu lassen? Prof. Vanderborght von der Universität Brüssel teilt seine Erfahrungen mit Ihnen.
Génération Robots : “Könnten Sie sich zunächst für all jene, die Sie noch nicht kennen, vorstellen und uns die Arbeit Ihrer Abteilung an der Universität erklären?”
Seit 1995 beschäftigen wir uns mit der Entwicklung und Steuerung von normengerechten Aktoren für Sicherheits- und Energieeffizienz-Anwendungen im Dienste der Mensch-Roboter-Interaktion.
Unsere Arbeiten konzentrieren sich auf das Gesundheitswesen: Exoskelette als Assistenz- und Reha-Systeme, Prothesen und bei Therapien einsetzbare soziale Roboter.
Einige Konzepte können auch an die Fertigungsindustrie angepasst werden, die heute ebenfalls zu unseren Prioritäten zählt, speziell im Rahmen des flämischen Forschungszentrums Flanders Make.
Génération Robots : “Was hat Sie dazu bewegt, Robotik zu unterrichten und Forscher in diesem Bereich zu werden?”
Bram Vanderborght : Ich war schon als Kind ein leidenschaftlicher Mechanikbastler und baute meine eigenen ferngesteuerten Flugzeuge und Schiffe. Bei meiner Doktorarbeit begegnete mir der zweibeinige Roboter Lucy, der von pneumatischen Muskeln bewegt wird. Seither ist mein Interesse für die Robotik ständig weiter gewachsen.
Génération Robots : “Welche Forschungsarbeiten betreiben Sie im Bereich der Robotik?”
Bram Vanderborght : Wir beschäftigen uns gezielt mit der Mensch-Roboter-Interaktion, um Menschen in körperlicher und kognitiver Beziehung zu unterstützen, nicht um sie zu ersetzen.
Wir sind eine Maschinenbauabteilung und bauen gerne unsere eigenen Roboter. In unserem Labor verfügen wir über zahlreiche Prototypen.
Wir führen unsere Forschungsarbeiten im Rahmen spartenübergreifender Teams mit Psychologen, Physiotherapeuten, Soziologen und Philosophen durch. Vor kurzem haben wir die Initiative Brubotics der VUB ins Leben gerufen, die sämtliche Forschungsteams mit einem Fuß im Maschinenbau (Robotik, Künstliche Intelligenz, Sensoren), in den Human- und Sozialwissenschaften umfasst.
Génération Robots : “Was sind Ihrer Meinung nach die Vorteile für eine Universität, in eine Roboterplattform zu investieren?”
Bram Vanderborght : Für mich ist wichtig, dass die Studierenden und Forscher an konkreten Materialien arbeiten können. Wenn sie nur Simulationen machen, sind sie nie mit den Herausforderungen der echten, physischen Welt konfrontiert. Wir möchten unsere Forschungsarbeiten außerdem von Endanwendern validieren lassen und unsere Roboter außerhalb unseres Labors testen.
Génération Robots : “Erfüllt der Baxter Ihre Erwartungen hinsichtlich der Lehre?”
Bram Vanderborght : Wir haben ihn erst vor kurzem erhalten, doch die Studierenden sind sehr zufrieden. Er motiviert sie dazu, Programme mit konkreten Anwendungen zu entwickeln.
Génération Robots : “Was macht die kooperative Robotik aus Ihrer Sicht zu etwas Besonderem?”
Kooperative Roboter bieten uns die Möglichkeit, Antworten auf wichtige Herausforderungen der Gesellschaft zu finden, darunter die Alterung der Bevölkerung und die Verlagerung der Produktion. Sie werden eine Rolle bei der Entwicklung der Fabriken der Zukunft spielen, aber auch zukunftsweisender Produkte.
Die Entwicklung der Robotik im Laufe des vergangenen Jahrzehnts ist ein faszinierendes Thema, und ich bin gespannt darauf, was diese Zukunft für uns bereithält, die die Robotik mit geprägt hat.
Génération Robots : “Kommen wir auf den Baxter und sein SDK zu sprechen. Nach welchen Kriterien haben Sie sich für diese Lösung entschieden?”
Da der Baxter serienmäßig mit elastischen Aktoren ausgestattet ist, die demnach auch Compliance-Anforderungen erfüllen, können wir damit verschiedene Steueralgorithmen auf einer sicheren, relativ preisgünstigen Hardwareplattform testen.
Durch die Integration des ROS (Robot Operating System) können wir problemlos auf alle erforderlichen Steuerparameter zugreifen und eine Verbindung zu anderen Geräten aufbauen. Ich bin überzeugt, dass Roboteranwendungen eines Tages sehr wichtig werden.
Génération Robots : “Waren die ersten Schritte mit dem Baxter leicht?”
Bram Vanderborght : Mithilfe unseres Postdoktoranden Carlos Rodriguez Guerrero, der viel Erfahrung mit ROS hat, war der Einstieg sehr einfach.
Auch hat uns dabei geholfen, einige Probleme zu lösen. Insgesamt würde ich sagen, der Baxter ist sehr benutzerfreundlich. Außerdem stehen zahlreiche Informationen auf wiki zur Verfügung.
Génération Robots : “Ist dieser Roboter eine gute Wahl für die Arbeit mit Studierenden?”
Bram Vanderborght : Letztes Jahr haben wir eine Master-Arbeit über den Roboter Baxter von unserem Partner Sirris vorbereitet, und auch dieses Jahr hat ein Student diesen Roboter zum Thema gewählt.
Jetzt, da wir schon mehr Erfahrung mit dem Roboter haben, werden wir ihn mit Sicherheit auch in andere Kurse und Studienprojekte einbinden.
Génération Robots : “Was sind aus Ihrer Sicht die Grenzen des Baxter und seines SDK? Was müsste in Zukunft noch verbessert werden?”
Bram Vanderborght :
Eine der Grenzen ist vielleicht die mangelnde allgemeine Dokumentation in C++. Alle standardmäßig verfügbaren Beispiele wurden in Python geschrieben, einer Scriptsprache, die sich nicht so gut für komplexe Anwendungen eignet, bei denen z.B. Echtzeit-Steuerframeworks wie Orocos eingesetzt werden.
Dennoch ist das nicht wirklich ein Problem, denn der Baxter ist kompatibel mit ROS. Man findet also schnell heraus, wie er funktioniert. Einer der möglichen Verbessungsansätze ist der Simulator, der noch nicht ganz optimal ist. Der müsste in naher Zukunft noch überarbeitet werden.
Génération Robots : “Was sind Ihres Erachtens die Vorteile für Ihre Studierenden und Forscher?”
Bram Vanderborght :
Die Fertigungsindustrie in Brüssel und Flandern interessiert sich sehr für das Potenzial von Coworking-Robotern wie dem Baxter mit dem Ziel, die Operatoren bei ihrer Arbeit zu unterstützen, nicht zu ersetzen.
Auch technologische Lösungsanbieter und Roboterintegratoren wollen diesen neuen Markt unter die Lupe nehmen.
Wir arbeiten mit mehreren Partnern aus Industrie und Forschung sowie mit den Forschungszentren iMinds (Projekt Claxon) und Flanders Make an der Einführung von Coworking-Robotern in Fabriken.
Génération Robots : “Welche Ergebnisse erwarten Sie sich von diesem Forschungsprojekt?”
Bram Vanderborght : Wir wollen technische Werkzeuge entwickeln, die die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter verbessern, aber auch die soziale Akzeptanz dieser Technologien durch Arbeiter und Gewerkschaften untersuchen.